Zahlensystem, approximatives
[engl. approximate number system, ANS; lat. approximare annähern], [KOG], ein von Menschen und Tieren gemeinsam genutztes kogn. System (Kognition), das die Verarbeitung (z. B. den Vergleich) von nicht symbolischen Numerositäten (Anzahlen größer als 3–4), wie z. B. Punktemengen, ermöglicht. Seine Effizienz wird durch das Weber-Fechner-Gesetz beschrieben; die Fähigkeit des Individuums, zw. zwei Punktemengen zu unterscheiden, wird durch Proportionen bestimmt, nicht durch einen absoluten Unterschied in seinen Numerositäten. Der Parameter des auf das ANS-bezogene Weber'schen Gesetz ist ein relativ stabiles indiv. Merkmal, das sich jedoch mit zunehmendem Alter während der Reifung verbessert. Status und Bedeutung des ANS sind Gegenstand einer laufenden Debatte. Einige Studien deuten darauf hin, dass ANS der symbolischen Mathematik zugrunde liegt, weil die Güte des ANS mit dem Niveau der math. Fähigkeiten korreliert. Allerdings zeigen andere Studien, dass Effekte, die ANS zugeschrieben werden, auf Mediation weitere visueller oder kogn. Prozesse zurückgeführt werden können wie z. B. konfundierte nicht numerische visuelle Hinweise (die Gesamtfläche der Punkte, die Raumfrequenz der Szene) oder Inhibition(sprozesse) v. a. bei Stimuli, bei denen numerische Größe und visuelle Größe inkongruent sind. Auf der Ebene der Einzelstudie (zwei Punktemengen, aus denen der Teilnehmer die größere auswählen soll) ist es nicht möglich, alle visuellen Merkmale gleichzeitig zu kontrollieren. Die Korrelation zw. math. Kompetenz und ANS-Schärfe ändert sich je nachdem, ob sie auf der Grundlage von Studien geschätzt wird, in denen visuelle Merkmale pos. und neg. mit Zahlenwerten korreliert wurden (die Beziehung ist bei letzteren größer, was auf die oben genannte Rolle der Inhibition hinweist). Insges. ist die wiss. Debatte über die Bedeutung des ANS für Rechenfertigkeiten eine der kontroversesten in der numerischen Kognition.